Liebe Leserin, lieber Leser,
ich habe in der Vergangenheit in einem Team gearbeitet, in dem es keine digitalisierte Verwaltung der Aufgaben gab, sprich: keine geteilte To-Do-Liste. Die Folge war, dass das Team sich immer mündlich abgestimmt hat, was gebraucht wird und wer welchen Teil davon übernimmt.
(Kleiner Hinweis: Das empfehle ich nicht, da durch die Verschriftlichung eindeutig Verantwortung verteilt wird und man später Rechenschaft ablegen muss. Außerdem gehen mündlich viele Informationen verloren.)
Mir ist bei der mündlichen Besprechung von Aufgaben eine schlechte Angewohnheit an mir selbst aufgefallen, die ich schon in meiner Ausbildung hatte. Wenn ein Teamkollege oder meine Führungskraft mir eine Aufgabe erklärt, dann habe ich versucht durch schnelles Verständnis der Aufgabe zu beeindrucken. Mein Ziel war es, dass die andere Person nur einmal kurz die Situation schildern muss und ich sofort alles umsetzen kann, was gewünscht ist.
Problem: Sprache und Wahrnehmung sind individuelle Modelle der Wirklichkeit und es ist fast unmöglich genau zu verstehen, was eine andere Person meint, ohne durch viele Nachfragen sicher zu gehen. Außerdem kann ich mir in kurzer Zeit und durch einmaliges Hören nicht alle Informationen merken.
Die Folge war, dass ich viele Aspekte meiner Aufgabe vermutet habe. Das ging gerade oft genug gut, dass daraus eine Angewohnheit wurde. Leider (oder zum Glück) hat das auch oft nicht funktioniert und ich habe vollkommen am Wunsch meines Auftraggebers vorbeigearbeitet.
Die Erkenntnis: Ich frage jetzt immer wieder nach bis ich mir sicher bin, dass meine Arbeit auch dem Bedürfnis meines Auftraggebers entspricht. Das kann nervig sein. Allerdings ist dafür am Ende meine Leistung passender und besser. Meine Auffassungsgabe verbessert sich langsam über Zeit. Wer weiß, womöglich verstehe ich meine Kunden / Teammates / Auftraggeber irgendwann schon direkt und ohne Nachfrage.
Man kann das ganze vielleicht mit agilem und klassischem Projektmanagement vergleichen. Klassisches Projektmanagement gilt als veraltet und unterlegen, weil oft schon Fehler in der Zielvereinbarung entstehen und sich Ziele auch im Laufe des Projekts durch veränderte Umweltbedingungen ändern. Das Erarbeitete ist quasi schon bei Fertigstellung veraltet. Beim agilen Projektmanagement hält man Rücksprache mit dem Auftraggeber und passt immer wieder das Ziel an.
Rückblickend finde ich es auch absolut unnötig meine Team beeindrucken zu wollen und mich dann in meinem Stolz zu suhlen. Mein Arbeitsantrieb liegt jetzt mehr darin, gemeinsam mit meinem Team Ziele zu erreichen, herausgefordert zu werden und Spaß dabei zu haben!
Grüßle!